Aufführung eines der größten Chorwerke Johann Sebastian Bachs :
„Johannespassion“
- Vorbericht / Recklinghäuser Zeitung, 15. Februar 2013
„Herr, unser Herrscher“
Madrigalchor singt in Elisabeth-Kirche am 10. März die Johannes-Passion
RECKLINGHAUSEN. Eines der großartigsten Werke barocker Musik für die Passionszeit, die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach, ist am Sonntag, 10. März, um 19 Uhr in der St. Elisabeth-Kirche zu hören.
Sie zählt mit der Matthäus-Passion zu den beeindruckendsten Vertonungen der Leidensgeschichte Jesu. Bach bezieht sich in diesem Werk auf den biblischen Text nach dem Evangelisten Johannes. Bei der musikalischen Umsetzung des Textes führt er den Hörer durch verschiedene Personengruppen an das geschehen der Leidensgeschichte Jesu heran.
Bei der Aufführung wirkt neben dem Madrigalchor Recklinghausen das Barockorchester Durante mit, das seit vielen Jahren in der internationalen Barockmusikszene tätig ist. Die Gesangspartien übernehmen mit Mechthild Bach (Sopran), Margot Oitzinger (Alt), Max Ciolek (Tenor), Harald Martini (Bass) und Andreas Pruys (Bass) in der Aufführung geistlicher Musik international bekannte Solisten.
Die künstlerische Leitung liegt in den bewährten Händen von Lucius Rühl.
Aus dem Programmheft – Einige Gedanken zum Werk
- Recklinghäuser Zeitung vom 12.03.2013
Berührend und voll Spiritualität
Bachs Johannes-Passion mit dem Madrigalchor Recklinghausen
VON STEFAN PIEPER
NORD. Man mag zur Kreuzigungsgeschichte Jesu stehen, wie man möchte. Tatsache ist, dass die textliche und musikalische Darstellung dieses Stoffes tiefe, unmittelbare Spiritualität auf einer breiten Empfindungsskala verströmt – egal wie man dazu steht.
Demonstriert bzw. künstlerisch überhöht hat dies vor allem Johann Sebastian Bach, der für die Worte des Johannes-Evangeliums ebenso beredte Töne schuf. Eine traumhafte Konstellation aus dem hervorragenden Madrigalchor, einem profunden Spezialisten-Ensemble für historische Aufführungspraxis und echten Spitzen-Solisten verdichtete in der Elisabethkirche Musik und Worte zum himmlischen, intensiv nachfühlbaren Ganzen. Da sind schon die ersten Worte des Chores „Herr“ mit so viel Emphase aufgeladen – und solche elektrisierenden Spannungszustände leben über die gesamte Aufführung fort. Das Konzept der Aufführung ist betont kammermusikalisch. Der Chor besticht weniger durch Masse, dafür gibt es Transparenz und hervorragende Präzision. Das Instrumentarium des Barockorchesters ist ebenfalls auf zarte Klänge abonniert – mit Barock-Streichinstrumenten, hölzernen Traversflöten und einer Laute, wo sonst meist ein Cembalo im Einsatz ist. Zum vollendeten Erlebnis wird das ganze durch die spürbare tiefe Empfindsamkeit aller Beteiligten, an der wohl auch das Dirigat von Lucius Rühl nicht unschuldig ist!
Über allem erhebt sich die eindringliche Rhetorik des Evangelisten, der mit dem Tenor Max Ciolek traumhaft besetzt ist. So mühelos kommt dieser in leuchtende Höhen hinauf, so eindringlich artikuliert er jedes einzelne Wort der dramatischen Handlung. Von einer unbestechlich souveränen Prägnanz ist auch der herrlich tiefe und zugleich glasklare Bass Harald Martini, der den Pilatus verkörpert. Diese beiden sind ihrem drei Mitstreitern um einige Klassen überlegen – das muss hier gesagt sein – auch wenn Mechthild Bach (Sopran), Margot Oitzinger (Alt) und Andreas Pruys (Bass als Jesus) auch durch viel Einfühlung und Wärme diesem vollendeten Bach-Erlebnis zur Ehre gereichen.
Zwischen Chorälen, Arien, den Rezitativen und Chören durchleben Ausführende und Publikum intensive Wechselbäder. Etwa, wenn die aufgepeitschte Masse die Kreuzigung Jesu fordert, was durch wilde Synkopen und bedrohliche Chromatik versinnbildlicht wird. Bachs Tonsprache verweist in manchen Phasen weit in die Zukunft. Dann überwogen, nein überwältigten! wieder die zarten, weichen Emotionen – in all den vielen Soloarien, die mit feinnervigen Instrumentalduetten in Verbindung traten.
Man war bewegt, berührt, und dankbar hinterher.